Im Gebrauch von Rechenzentren stecken riesige Potenziale für die Fernwärmeversorgung. Die entstehende Abwärme ließe sich leicht nutzen, wenn sie bereits beim Bau der Rechenzentren eingeplant würde. So bietet es sich an, anstatt der üblichen Luftkühlung eine Heißwasserkühlung einzubauen. Projekte in Stockholm und Greifswald zeigen die funktionierende Umsetzung.
Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung ist mit enormen Neubau von Rechenzentren zu rechnen. Bereits 2022 gab es in Deutschland mehr als 3.000 große Rechenzentren, die Gesamtzahl der Rechenzentren und IT-Installationen liegt sogar bei über 50.000. Bis zum Jahr 2025 wird im Vergleich zum Jahr 2021 ein weiterer Anstieg von 20% erwartet. Rechenzentren nutzen große Mengen an Strom im Betrieb der Server, Speicher und Netzwerke sowie der notwendigen Infrastruktur für Kühlung, Brandschutz und Beleuchtung. 2020 waren es in Deutschland 16 Mrd. kWh elektrischen Stroms - das ist mehr als der gesamte Strombedarf Berlins.
In ihrem Betrieb wird der Strom zu Wärme umgewandelt und über ein Kühlsystem abgetragen, um die Überhitzung der Geräte zu verhindern. Die erzeugte Abwärme ließe sich für die Fernwärmeversorgung gut nutzen. Für die Abwärmenutzung stehen hier auch im Winter mit 25 - 30 °C recht hohe Quelltemperaturen zur Verfügung. Mittels Wärmepumpe lassen sich diese auf das benötigte Temperaturniveau anheben. Bislang wird die Abwärme aus Rechenzentren allerdings selten genutzt. Die Erschließung dieser Potenziale setzt die Offenheit der Betreiberfirmen für die technische Umsetzung und langfristige Lieferverträge mit Wärmeversorgern voraus. Wird eine Wärmeabnahme über ein Fernwärmenetzes bereits in der Planungsphase berücksichtigt, ist dies für beide Seiten wirtschaftlich vorteilhaft. Gerade beim Neubau von Rechenzentren ist es deshalb wichtig, die Abwärmenutzung gleich einzuplanen.
Heißwasserkühlung statt Luftkühlung
Üblicherweise werden Rechenzentrum mit Luft gekühlt. Hierbei stehen Abwärmetemperaturen von 25-30°C zur Verfügung. Damit diese Wärme für das Fernwärmenetz nutzbar wird, muss sie in der Regel zunächst mittels Wärmepumpe auf ein höheres Temperaturniveau gebracht werden. Anders ist das bei der Heißwasserkühlung. Heißwasserkühlung ist effizienter als Luftkühlung und wird schon heute in vielen Serversystemen eingesetzt. Für die Wärmeerzeugung hat sie den Vorteil, dass Wasser auf einem Temperaturniveau von 60°C zur Verfügung gestellt werden kann. Für viele Anwendungen kann dann auf das Nachheizen mittels Wärmepumpe verzichtet werden.
Umsetzung in Stockholm und Greifswald
In Skandinavien wird viel Fernwärme genutzt. In vielerlei Hinsicht lohnt sich deshalb der Blick dorthin, da viele Ansätze zur Einbindung erneuerbarer Energien und Abwärme dort bereits in größerem Maßstab erprobt werden. In Stockholm beispielsweise arbeitet man schon seit mehreren Jahren an einer ehrgeizigen Idee. Bis 2035 sollen 10% der Haushalte mit der Abwärme aus Rechenzentren beheizt werden. Das wären die Haushalte von über 900.000 Menschen. Die Grundlage für dieses ambitionierte Projekt ist die Kooperation der Stadt Stockholm mit dem Unternehmen Stockholm Data Parks.
In Deutschland bietet das 2021 errichtete Rechenzentrum der Universität Greifswald ein gutes Beispiel. Mit 1.700 m2 Fläche bietet es ausreichend Platz für Rechner, Server, Verwaltungs- und Seminarräume. Die Kühlung erfolgt sowohl über Luft als auch über Heißwasser. Wird die Wärme im Sommer nicht benötigt, kann sie an die Außenluft abgegeben werden. Im Winter heizt die Abwärme die angeschlossenen Verwaltungs- und Seminarräume. Überschüssige Wärme wird über ein kleines Netz an das benachbarte Forschungsgebäude abgegeben. Gefördert wurde das ambitionierte Projekt, dessen Kosten bei ungefähr 10 Millionen Euro lagen, aus den Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung.
Mehr zur Abwärme von Rechenzentren findet ihr im entsprechenden Factsheet.
Beitragsbild: von rawpixel.com auf Freepik
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