Letzte Woche haben CDU/CSU und SPD ihren Koalitionsvertrag nach ziemlich schnellen Verhandlungen der Öffentlichkeit mit dem Motto „Verantwortung für Deutschland“ vorgestellt. Um es gleich vorwegzunehmen: Mit Verantwortung vor einer der größten globalen Menschheitsherausforderungen hat das, was sich die Koalitionspartner im Bereich Klimaschutz vorgenommen haben, nicht viel zu tun. Ein Kommentar von unserem Co-Geschäftsführer Michael Efler.
Die Klimaziele, die eigentlich verschärft werden müssen, bleiben zwar bestehen, werden aber irritierenderweise relativiert, indem auf die Allerweltserkenntnis verwiesen wird, dass die Weltgemeinschaft das Problem der Erderwärmung zu lösen habe. Erstmals sollen auch CO2-Einsparungen im Ausland auf die Erreichung der Klimaziele angerechnet werden, auf Druck der SPD aber nur in einem relativ geringen Umfang. Dennoch ist dies der Einstieg in fragwürdige Umgehungsstrategien, die sich z.B. auch in der starken Betonung der Rolle von CCS (CO2-Abscheidung und -speicherung) niederschlägt.
Freuen kann sich die Erdgaslobby über 20 GW neue Gaskraftwerke, wobei hier jeder Hinweis auf eine mögliche spätere Umstellung auf grünen Wasserstoff fehlt, sowie über die Aussage, dass alle Potenziale zur Erdgasförderung im Inland genutzt werden sollen. Der Kohleausstieg bleibt zwar bei 2038 – die Ampel wollte ihn. „idealerweise“ 2030 erreichen – wird aber gekoppelt an den erfolgreichen Zubau von Gaskraftwerken. Erneuer Energien sollen zwar weiter ausgebaut werden, ein klar positives Wording erfährt aber nur die Geothermie sowie die umstrittene Bioenergie. Bei der Windenergie sollen sogar die Flächenziele für das Jahr 2032 evaluiert werden, was bereits in den nächsten Jahren zur Verunsicherung von Investoren führen könnte.
Für Furore hat schon die angekündigte Abschaffung des sog. „Heizungsgesetzes“ gesorgt, womit gerade erst eingeführte ordnungsrechtliche Vorgaben beim Heizungstausch wieder abgeschafft werden. Wenigstens bei der Förderung z.B. von Wärmepumpen soll es bleiben. Auch bei den Energieeffizienzvorgaben will man nicht mehr über europäische Vorgaben hinausgehen.
Im Verkehrsbereich wird es sogar noch düsterer. Die Erhöhung der Luftverkehrssteuer wird genauso zurückgenommen wie Subventionskürzung beim Agrardiesel. Alle anderen klimaschädlichen Subventionen bleiben bestehen. Das Deutschlandticket wird absehbar teurer und der Bundesverkehrswegeplan, der immer noch den Ne- und Ausbau zahlreicher klimaschädlicher Autobahnen wie z.B. der A 100 in Berlin vorsieht, soll unverändert umgesetzt werden. Da hilft auch der Lichtblick, dass kleine und mittlere Einkommen stärker bei der Nutzung der E-Mobilität unterstützt werden sollen, nicht viel weiter.
Fortschritte gibt es nur vereinzelt und am Ehesten noch bei der Klimafinanzierung, Hier wurde ja schon vor den Koalitionsverhandlungen mit dem 500 Milliarden Euro schweren Infrastruktursondervermögen, von dem 100 Milliarden Euro für zusätzliche Klimainvestitionen eingesetzt werden müssen, ein Pflock eingerammt. Der Koalitionsvertrag sieht nun u.a. vor, dass das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz verstetigt werden und ein Zukunftspakt die Finanzierung der Kommunen insgesamt verbessern soll. Ein highlight ist aus BBK-Sicht der Prüfauftrag für eine Gemeinschaftsaufgabe Naturschutz und Klimaanpassung. Hierfür hatten wir in den letzten Monaten intensiv geworben und über 100.000 Unterschriften für eine Petition an die Verhandler:innen übergeben.
Auch demokratiepolitisch ist das Bild bestenfalls durchwachsen: Das Verbandsklagerecht, das in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich im Umweltbereich eingesetzt wurde, soll abgeschwächt werden. Das Informationsfreiheitsgesetz soll „mit einem Mehrwert für Bürgerinnen und Bürger und Verwaltung“ reformiert werden. Davon ist kaum Fortschritt zu erwarten, ist die CDU/CSU doch sogar mit der Forderung nach Abschaffung dieses Gesetzes in die Verhandlungen gegangen. Ein Lichtblick ist, dass dialogische Formate wie Bürgerräte fortgesetzt werden sollen. Allerdings hat der letzte bundesweite Bürgerrat (Ernährung im Wandel) bisher zu keiner nennenswerten politischen Veränderung geführt und wird folgerichtig auch mit keinem einzigen Wort im Koalitionsvertrag erwähnt.
Wenn jetzt insgesamt Bilanz gezogen wird, dann muss einfach festgestellt werden, dass dieser Koalitionsvertrag nicht einmal annähernd das festschreibt, was eigentlich angesichts der immer weiter eskalierenden Klimakrise nötig wäre. Das Erreichen der deutschen Klimaziele wird dadurch stark erschwert, eine Vorreiterrolle in der EU oder für globalen Klimaschutz ist überhaupt nicht erkennbar. Gerade erschreckend ist das Fehlen jeder Idee, wie wieder stärkere gesellschaftliche Mehrheiten für Klimaschutz mobilisiert werden können. Auf die Klimabewegung kommt viel Arbeit zu in den nächsten Jahren, zum Teil werden dies Verteidigungskämpfe sein. BBK kann aber vor allem ansetzen am Prüfauftrag zur Gemeinschaftsaufgabe Naturschutz und Klimaanpassung und sich energisch für eine Grundgesetzänderung einsetzen, die am Besten auch noch für den Klimaschutz gilt und nicht nur für die Klimaanpassung.
Foto: Björn Obmann
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