100 Tage Rekommunalisierung der Berliner Fernwärme

  16. Oktober 2024 Aktuelles

100 Tage Rekommunalisierung der Fernwärme Berlin
– Bilanz und Zukunftsperspektiven

Ein Rückblick auf die Podiumsdiskussion mit Susanne Huneke (BEW), Wiebke Hansen (BUND Hamburg) und Michael Efler (BürgerBegehren Klimaschutz) am 12.10.2024

162 Tage waren es am letzten Donnerstag, seitdem sich die Fernwärme Berlins wieder in den Händen der Stadt befindet. Lange hatten sich lokale Initiativen dafür eingesetzt, sie zurückzukaufen – mit dem Ziel, nachhaltige und bezahlbare Wärmeversorgung für alle Berliner*innen zu gewährleisten. Zeit also für eine erste Bilanz und Zukunftsperspektiven. Gemeinsam mit PowerShift und dem BUND trafen wir uns dafür zur Podiumsdiskussion mit Susanne Huneke, Leiterin Strategie bei der neu gegründeten BEW Berliner Energie und Wärme AG.

Der Raum war voll als Susanne Huneke, Leiterin Strategie, Politik & Regulierung bei der BEW Berliner Energie und Wärme AG, vom aktuellen Stand der Rekommunalisierung berichtete. „Wir sind immer noch in der Übergangsphase“ verdeutlichte sie schnell, und das wohl noch die nächsten zwei Jahre. Neue Ziele, neue Strategien – all das müsse erst einmal erarbeitet werden. Die besonders große Herausforderung dazu: bis 2045 soll die Fernwärme, aktuell noch zu 90% gespeist aus der Verbrennung von Kohle und Gas, klimaneutral werden.

Wie soll die Berliner Fernwärme klimaneutral werden?

Bisher steht noch der Dekarbonisierungsfahrplan von Vattenfall, aus der Zeit vor dem Rückkauf. Huneke macht deutlich: Dieser soll bis 2025 ein Update bekommen. Ein guter Moment also, um in Richtung sozial-ökologischer Wärmewende umzusteuern. Der Plan, dass Wasserstoff zukünftig etwa 20-40% der Fernwärme liefern soll sei ausgesprochen problematisch, erklärt deshalb Michael Efler, Vorstand von BürgerBegehren Klimaschutz e.V. Wasserstoff würde in Zukunft anderswo dringender gebraucht werden, in der Fernwärme sollte dessen Einsatz auf die nötigen Spitzen begrenzt werden. Außerdem sehe der Plan vor, dass bis 2030 17% der Fernwärme durch Biomasse, also Holzpellets, andere Holzreste oder landwirtschaftliche Reststoffe, erzeugt wird. In einer Zeit, in der Wälder jetzt schon nicht mehr kohlenstoffsenkend wirken, sieht Efler diese Pläne nicht regional und nachhaltig realisierbar. Als Alternative kommt mehrfach der Vorschlag der Geothermie auf. Die ist regional verfügbar und umweltfreundlich und der Ausbau könnte Arbeitsplätze schaffen.

Im Laufe der Diskussion wird deutlich: Viele Fragen sind noch zu klären. Zur Geothermie gebe es laut Susanne Huneke keinen sicheren Planungsstand, nötige Investitionen für Bohrungen würden fehlen. Biomasse und Wasserstoff wären besser vorhersehbar. Unklar ist auch, wer für Investitionen in die Geothermie oder auch energetische Sanierungen zahlen sollte – diese auf Verbraucher*innen abzuladen scheint dem gesamten Panel keine Lösung, Michael Efler verweist dabei auch auf die zu stark einschränkende Wirkung der Schuldenbremse.

    Das Hamburger Vorbild?

    In Hamburg stellen sich diese Herausforderungen schon länger, denn dort ist die Fernwärme seit fünf Jahren in öffentlicher Hand. Wiebke Hansen, Energiereferentin beim BUND-Landesverband Hamburg e.V., berichtet bei der Veranstaltung davon, dass auch in Hamburg noch nicht die perfekte Lösung gefunden sei. Trotzdem sei die Rekommunalisierung ein wichtiger Erfolg gewesen. Zum Beispiel sei es jetzt möglich, Investitionen mit Klima-Vorteilen zu tätigen, die sich vor allem auf lange Sicht für Bürger*innen rechnen werden.

    Deutlich wurde von allen Seiten: Zeit gibt es keine zu verlieren. „Da tickt die Uhr für uns“ meint Susanne Huneke zum Plan der Klimaneutralität 2045. Michael Efler fordert zum Abschluss schnellere Planungen und die Beteiligung der Berliner Bevölkerung. Denn für eine erfolgreiche Weichenstellung für die Zukunft wird es auch darauf ankommen, die Zivilgesellschaft in die Umstellung mit einzubinden und im Dialog mit der Bevölkerung eine bezahlbare und zukunftsfeste Wärmeversorgung sicherzustellen.

    Fotos: Rabea Koss

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