Auf Rügen ist das Bürgerbegehren gegen das LNG-Terminal am Hafen Mukran vorerst gescheitert. Naturschutzverbände und Bewohner*innen hatten sich gegen den Bau ausgesprochen und über 1000 Unterschriften gesammelt. Eine knappe Mehrheit der Stadtvertreter*innen hat das Begehren nun in einer Sondersitzung für nicht zulässig erklärt. Unklar ist, wie es nun weitergeht. Laut Umfrage lehnen nach wie vor 63 Prozent der Bürger*innen in Mecklenburg-Vorpommern den Bau des LNG-Terminals auf Rügen ab.
Rügen und das LNG
LNG soll auf Wunsch der Bundesregierung eine wichtige Rolle als umweltschonender Ersatz für fossile Brennstoffe übernehmen. Dass hierfür der Ausbau von LNG-Infrastruktur immer intensiver voranschreitet, merkte man nicht zuletzt auch auf Rügen.
Neben den drei bereits bestehenden schwimmenden LNG-Terminals vor Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Lubmin, steht nun ein weiterer Standort kurz davor zum Erdgas-Umschlagplatz zu werden: der ehemalige DDR-Industriehafen Mukran auf Rügen. Entsprechende Pläne bestehen schon seit Anfang 2023. Am 17. Mai wurde der Standort offiziell in das LNG-Beschleunigungsgesetz aufgenommen. Das Gesetz legt die Grundlage für einen beschleunigten Ausbau der deutschen LNG-Terminals fest. Hierdurch werden Zulassungsverfahren und damit auch die Öffentlichkeitsbeteiligung stark eingeschränkt. Zudem entfällt die sonst übliche Umweltverträglichkeitsprüfung. Das könne laut Umweltschutzverbänden schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen.
Über die letzten Monate wehrten sich daher sowohl Umweltverbände als auch Bewohner*innen immer wieder gegen das geplante Projekt. Hierbei stützt sich die Kritik auf eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, die ein Flüssigerdgas-Terminal vor Rügen für die Energieversorgung für nicht notwendig erklärte. Die ausreichende Versorgung sei durch die derzeit hohen Speicherfüllstände sowie bestehende Importkapazitäten gewährleistet. Damit, so argumentieren Umweltschutzverbände, sei die Begründung für eine Beschleunigung des Zulassungsverfahrens hinfällig.
Die Forderung an die Bundesregierung ist klar: dass LNG-Beschleunigungsgesetz muss genauso wie das Vorhaben auf Rügen, kritisch geprüft werden.
Zudem beklagen Umweltverbände ein intransparentes und fehlerhaftes Genehmigungsverfahren. Durch die Zerstückelung des Projektes in einzelne Genehmigungsverfahren werden wesentliche Umweltverfahren ausgehebelt. Dies mache eine ganzheitliche Betrachtung der Sachlage unmöglich und gefährde ökologisch hochsensible Meeresgebiete.
Die Bemühungen der letzten Monate treffen jedoch auf taube Ohren der Verantwortlichen. So hatte die Deutsche Umwelthilfe versucht, einen sofortigen Baustopp beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zu erwirken. Dieses wurde vom Gericht mit dem Verweis auf den vermeintlichen Fortbestand der Gasversorgungskrise abgelehnt. Auch ein entsprechender Antrag des Naturschutzbund Deutschlands (NABU) wurde von dem Gericht in Leipzig abgelehnt, die Begründung lautete ähnlich: So sei laut der Bundesnetzagentur ein zusätzlicher Bedarf an Einspeisemöglichkeiten gegeben, ein Baustopp würde den engen Zeitplan des Vorhabens empfindlich stören.
Ergebnisse der Bürgerbegehren
Die Bürger*Innen auf Rügen haben sich zudem in den letzten Monaten zusammengeschlossen, um Bürgerbegehren gegen das geplante LNG-Terminal auf den Weg zu bringen. Ein erstes geplantes Bürgerbegehren wurde von der Sassnitzer Stadtverwaltung allerdings als nicht rechtmäßig eingestuft.
In einem zweiten Anlauf hatte die Initiative „Wir für Rügen“ eine neue und komplexere Frage formuliert und ein zweites Bürgerbegehren gestartet. Nachdem sich die Sassnitzer Stadtverwaltung für die Einschätzung der Rechtmäßigkeit dieses Begehrens mehr als drei Monate Zeit gelassen hatte, kam es nun zu einer Sondersitzung zu dem Thema. Unter reger Beteiligung stimmte eine knappe Mehrheit der Stadtvertreter*innen dafür, das Bürgerbegehren für nicht zulässig zu erklären. Der Entscheid hatte darauf abgezielt, dass die Fährhafen Sassnitz GmbH keine Geschäfte mit dem Ziel der Errichtung und des Betriebes von LNG-Infrastruktur auf dem Betriebsgelände verfolgen darf. Der Hafen gehört zu 90 Prozent der Stadt Sassnitz.
Die Stadtverwaltung sah hier gleich eine ganze Reihe an Fehlern, sowohl formell als auch inhaltlich. Die zur Fragestellung mitgelieferte Begründung sei suggestiv formuliert, wodurch eine unverfälschte Darstellung des Bürgerwillens nicht gewährleistet sei. Außerdem würden feststehende Nachteile für Tourismus und Umwelt als Konsequenz des Terminals behauptet, allerdings nicht belegt. Schlussendlich sah sich die Stadtverwaltung auch im Falle dieses zweiten Bürgerbegehrens nicht zuständig, da sich das Belangen auf Begehren beziehe, die über die Gemeinde hinausreichten. Es handle sich hierbei um Belangen der nationalen Energiesicherheit.
Wie geht es nun weiter?
Drei Bürger*Innen und Mitglieder der Initiative haben nun mit einem neunseitigen Schreiben Widerspruch gegen den Entscheid der Stadt eingelegt. Die Gegner des Terminals erhoffen sich, dass die Stadt das Begehren doch noch zulasse. Andernfalls steht den Bürger*Innen der Klageweg offen.
Nicht nur im Saal der Sassnitzer Stadtverwaltung ist die Errichtung des LNG-Terminals weiterhin Bestandteil reger Diskussionen. Aus einer Forsa-Umfrage im Auftrag der „Ostsee-Zeitung“ aus dem Januar geht hervor, dass 63 Prozent der Bürger*innen in Mecklenburg-Vorpommern den Bau des LNG-Terminals auf Rügen ablehnt. Lediglich ein Viertel der Befragten unterstützt das Projekt, während sich zwölf Prozent unentschlossen zeigen. Auch die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern distanziert sich zuletzt deutlich von dem Projekt. Man sei hier nun nicht mehr von der akuten Gasmangellage und damit drohenden Engpässen im Winter überzeugt, was ja eigentlich das Kernargument für den Bau des Terminals auf der Ostseeinsel darstellte. Der Umweltminister Till Backhaus (SPD) betonte in einem Interview mit dem NDR, dass man sich lediglich als Dienstleister des Bundes sehe und das Projekt nicht unterstütze.
Die Vertreter von BUND, NABU, WWF und der Umwelthilfe kündigen unterdessen an, die Inbetriebnahme des LNG-Terminals weiterhin verhindern zu wollen. Letztere erstattete auch Anzeige gegen den Konzern Deutsche Regas, welcher für die Bauarbeiten verantwortlich ist. Es liegt laut DUH der Verdacht nahe, dass der Konzern im November und Dezember unerlaubte Bauarbeiten am LNG-Terminal durchführte. Insgesamt lassen die gespaltene Meinung der Bürger*innen und der Politiker*innen bis in die höchsten Kreise eines vermuten: Eine reibungslose Inbetriebnahme des LNG-Terminals auf Rügen bleibt weiterhin ungewiss.
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