Bürgerbegehren kurz und knapp erklärt…
In Deutschland gibt es zwar auf Bundesebene keine Volksabstimmungen wie in der Schweiz, dafür aber Volks- und Bürgerbegehren. Durch Volksbegehren können wir auf Landesebene Gesetzentwürfe zur Abstimmung bringen. Wir beraten auch sehr gern zu Volksbegehren, nach dem Motto „global denken, lokal handeln“ konzentrieren wir uns aber vor allem auf Städte und Gemeinden. Dort lassen sich durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheide konkrete Klimaschutzmaßnahmen durchsetzen. Ein Bürgerbegehren ist dabei die notwendige Voraussetzung, also die Vorstufe, für die Durchführung eines Bürgerentscheids1. Kommt es zu einem Bürgerentscheid, bestimmt nicht der Gemeinderat (also das lokale Parlament) über die Annahme oder Ablehnung des Begehrens, sondern direkt die Bürgerinnen und Bürger (daher „direkte Demokratie“).
Mit einem Bürgerentscheid können Bürger*innen auf kommunaler Ebene über Fragen im eigenen Wirkungskreis (also in dem Bereich, für den die Gemeinde zuständig ist) entscheiden. Dabei kann es zum Beispiel um den Bau einer neuen Schule oder eines neuen Schwimmbads gehen.
Ein Thema für kommunalen Klimaschutz wäre z.B. den Bau einer Solaranlage auf einem
Schuldach zu fordern. Die Fragestellung könnte lauten: „Sind Sie für den Bau einer Solaranlage auf dem Dach der Paulschule?“
Zulässige Themen von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid
Je nach Bundesland variiert die Zahl der zulässigen Themen: In manchen Ländern kann nahezu alles, was der Gemeinderat entscheidet, auch Inhalt eines Bürgerbegehrens sein. In anderen Bundesländern sind viele Themen von vornherein nicht zulässig (in den meisten Bundesländern gilt dies zum Beispiel für die kommunale Bauleitplanung).
1. Stufe: Bürgerbegehren
Als ersten Schritt können Bürger*innen einer Gemeinde Unterschriften sammeln und damit einen Antrag auf einen Bürgerentscheid stellen. Dieser Antrag wird Bürgerbegehren genannt.
Damit ein Bürgerbegehren gültig ist, muss eine bestimmte Anzahl von Stimm- bzw. Wahlberechtigten das Begehren unterstützen. Anschließend wird es bei der Gemeinde eingereicht. Wie viele Unterschriften ein Bürgerbegehren benötigt, ist in jedem Bundesland unterschiedlich.
Stimmberechtigt sind alle deutschen Staatsbürger*innen ab 18 Jahren (in einigen Bundesländern ab 16 Jahren) sowie alle in der Gemeinde gemeldeten EU-Bürger*innen. Die Unterschriften können in jedem Bundesland „frei“, d.h. auf der Straße oder im Café gesammelt werden.
Tipp:
Lokale Persönlichkeiten können helfen, das Bürgerbegehren zu verbreiten : Arztpraxen sind zum Beispiel ein guter Ort, um Unterschriftenlisten auszulegen.
Für die Unterschriftensammlung besteht eventuell eine bestimmte Frist (sechs bis 12 Wochen), innerhalb der die Unterschriften gesammelt werden müssen. Z.B. wenn sich das Begehren gegen einen Gemeinderatsbeschluss richtet (sog. Korrekturbegehren). Es ist also sinnvoll, sich frühzeitig eine Strategie zum Unterschriften sammeln zu überlegen und sicherzustellen, dass ausreichend Menschen bei der Sammelaktion helfen.
Tipp: Bei der Unterschriftensammlung sollte immer ein gewisses Polster an Unterschriften eingeplant werden, da bei der späteren Überprüfung erfahrungsgemäß einige der Unterschriften, aufgrund doppelter oder unleserlicher Unterschriften, nicht als gültig anerkannt werden. Um ganz sicher zu gehen sollten etwa 25% mehr als die geforderte Anzahl an Unterschriften gesammelt werden.
Entscheidend ist bei Bürgerbegehren und -entscheid die Formulierung der Fragestellung. Es muss sich dabei um eine gut verständliche, mit „Ja oder „Nein“ zu beantwortende Frage handeln.
Beratung durch Expert*innen vorab ist hier sinnvoll. BürgerBegehren Klimaschutz hilft dabei gern.
Die meisten Gemeindeordnungen schreiben außerdem vor, dass die Unterschriftenlisten einen sogenannten Kostendeckungsvorschlag enthalten müssen. Auch hier empfiehlt es sich professionelle Beratung zu suchen. In manchen Bundesländern besteht bei diesem Punkt ein Recht auf Beratung durch die Gemeinde.
Wenn die nötigen Unterschriften beisammen sind, wird das Bürgerbegehren eingereicht. Danach gilt es abzuwarten.
2. Stufe: Bürgerentscheid
Nun hat der Gemeinderat über die Zulässigkeit des Bürgerebgehrens zu entscheiden. Das Begehren ist dann für zulässig zu erklären, wenn der Gegenstand das Begehrens rechtlich zulässig ist und genügend Stimmberechtigte unterschrieben haben. Ist dies der Fall, kann der Gemeinderat das Begehren inhaltlich übernehmen und damit den Bürgerentscheid überflüssig machen. Bei Bürgerbegehren zum Klimaschutz passiert das sogar recht häufig.
Übernimmt der Rat das Begehren nicht, findet innerhalb einer bestimmten Frist ein Bürgerentscheid statt. Diese Frist ist in jedem Bundesland unterschiedlich, meist handelt es sich um einen Zeitraum von ein bis drei Monaten. Beim Bürgerentscheid entscheidet schließlich die Mehrheit der Stimmberechtigten. In fast allen Bundesländern ist eine Mindestanzahl an Stimmberechtigten nötig, die sich an der Abstimmung beteiligen müssen, zum Beispiel 25 %. Man spricht dann von einem „Zustimmungsquorum“.
Ein erfolgreicher Bürgerentscheid hat die Wirkung eines Gemeinderatsbeschlusses. In den meisten Bundesländern hat der Bürgerentscheid einen Bestandsschutz von 1 bis 3 Jahren, in dem er höchstens durch ein erneutes Bürgerbegehren verändert werden kann.
Tipp:
Die Zusammenarbeit mit lokalen Medien kann sehr hilfreich sein! Zu Beginn des Begehrens macht es Sinn, auch die Öffentlichkeitsarbeit zu planen. Welche lokalen Journalist*innen könnten sich für das Thema interessieren? Regelmäßige Informationen zu Aktionen und dem Stand der Unterschriftensammlung helfen, das Interesse zu wecken. Berichterstattung hilft immer dabei, dass die Politik die Anliegen der Bürger*innen wahrnimmt und sich mit ihnen beschäftigt.
Auch dazu beraten wir gern.
1 Lediglich in Berlin, Bremen und Thüringen ist das Verfahren dreistufig, da hier dem Bürgerbegehren ein Zulassungsantrag vorausgeht