WÄRME.WISSEN.KOMPAKT.: Abwasser-Wärmepumpe

  22. August 2023 Aktuelles

Heute stellen wir euch eine weitere Art der Wärmepumpe vor, die sich durchgängig verfügbare Wärme zunutze macht, die u.a. in Haushalten anfällt und ansonsten verloren geht. Die Abwasser-Wärmepumpe ist die fünfte Wärmetechnologie in unserer Reihe WÄRME.WISSEN.KOMPAKT.

 

Abwasser fällt in der Form von Niederschlagswasser sowie häuslichem und betrieblichem Schmutzwasser an. Letzteres verfügt während der Heizperiode über Temperaturen von 10- 15°C und bietet sich damit auch im Winter als Wärmequelle an. Um diese Restwärme nutzbar zu machen, werden Wärmetauscher entweder im ungereinigten Wasser, in der Kläranlage selbst oder im gereinigten Wasser verbaut. Die entnommene Wärme wird anschließend mittels Wärmepumpe auf das benötigte Temperaturniveau angehoben. Dies kann entweder dezentral oder in Heizzentralen passieren. Die Wärmeentnahme aus dem Abwasser ist dabei nicht uneingeschränkt, da das Abwasser am Eintritt zur Kläranlage eine Temperatur von 8°C nicht unterschreiten darf, damit die Faulungsprozesse in den Kläranlagen weiterhin effizient ablaufen können.

Die Schätzungen über das technische Potenzial der Wärmenutzung aus Abwasser schwanken zwischen 4,8 und 101 TWh. In einer räumlich hochaufgelösten Potenzialabschätzung geht eine Untersuchung des ifeu-Instituts von einem technisch-ökonomischen Potenzial von 21,7- 32,7 TWh Nutzwärme aus. Zum Vergleich: 2019 lag der Raumwärmebedarf bei 658 TWh pro Jahr und der Warmwasserbedarf bei 130 TWh pro Jahr. Insbesondere in großen Städten, in denen Abwasseraufkommen und Wärmebedarf räumlich dicht beieinander liegen, können über das Abwasser große Wärmemengen erschlossen werden. Zur Nutzung der Restwärme des Abwassers steht an erster Stelle die Identifikation und Quantifizierung der entsprechenden Poten- ziale beispielsweise im Rahmen eines Abwasserwärmeatlasses.

Praxisbeispiel Wien

Ein besonders ambitioniertes Beispiel für die Umsetzung dieser Technologie bietet die Stadt Wien. Bislang heizt dort die Hälfte der Haushalte mit einer Gastherme. Um die Vorgabe Österreichs, bis 2040 klimaneutral zu sein, zu erfüllen, sollen viele dieser Haushalte an die Fernwärme angeschlossen werden. Die ist allerdings bislang noch alles andere als grün. Damit sie dann als klimaneutrale Alternative zur Verfügung steht, sollen in Wien Europas größte Wärmepumpen entstehen. Diese nutzen die Restwärme aus dem Abwasser. Aufgrund der hohen Bebauungsdichte und der entsprechend hohen Abflusswerte bietet sich diese Energiequelle an.

Zur Umsetzung dieses ambitionierten Projekts werden zurzeit sechs Wärmepumpen im Wiener Stadtteil Simmering gebaut, drei davon sollen bereits Ende 2023 in Betrieb gehen. Sie sollen bis zu 6°C aus dem Abwasser holen und ins Fernwärmenetz einspeisen. Wärmetauscher und Kompressoren heben das Temperaturniveau dann auf 90°C, die im Wiener Fernwärmenetz benötigt werden. Die Dimensionen sind gigantisch: ungefähr 200 Tonnen wiegen die Wärmepumpen, durch alle sechs werden dann sekündlich 5.000 Liter geklärtes Abwasser strömen. Sie können dann über 100.000 Haushalte versorgen.

 

 

Mehr zur tiefen Geothermie findet ihr im entsprechenden Factsheet.

Beitragsbild: Foto von Anime KM von Pexels: https://www.pexels.com/de-de/foto/wasser-gebaude-architektur-umwelt-5712211/

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