WÄRME. WISSEN. KOMPAKT.: Tiefe Geothermie

  15. August 2023 Aktuelles

Als Geothermie wird die Wärme der Erde bezeichnet, die mithilfe von Bohrungen nutzbar für die Wärmeversorgung gemacht werden kann. Denn in den ersten 100 Metern des Erdbodens liegt die Temperatur relativ konstant bei 10°C. Bei jeden weiteren 100 Metern in die Tiefe steigt die Temperatur um etwa 3°C. Bei den Bohrungen wird zwischen oberflächennaher und tiefer Geothermie unterschieden. Im Gegensatz zur oberflächennahen Geothermie (Erdsonden), bei der lediglich Wärmequellen in bis zu 400 Metern Tiefe erschlossen werden, wird bei der tiefen Geothermie bis zu fünf Kilometer tief in die Erdschichten eingedrungen. 

Enorme Potenziale der Erdwärme

Die geothermischen Potenziale sind zwar stark standortabhängig, könnten aber einen hohen Beitrag zur Deckung des Wärmebedarfs leisten. Schätzungen gehen davon aus, dass durch hydrothermale Geothermie in bis zu vier Kilometern Tiefe circa 25% des deutschen Wärmebedarfs gedeckt werden könnte. Momentan werden in Deutschland aber lediglich 1,5% des Wärmebedarfs durch Geothermie gedeckt.

Verfahren der tiefen Geothermie

Bei der tiefen Geothermie kann zwischen konvektiven und konduktiven Verfahren unterschieden werden. Während bei konvektiven Verfahren die Wärme über Wasser oder Gase erschlossen wird, nutzen konduktive Verfahren die Wärmeleitung durch das Gestein.  In Deutschland findet vor allem die hydrothermale Geothermie, ein konvektives Verfahren, Anwendung . Hierbei wird heißes Thermalwasser aus tiefliegenden Gesteinsschichten an die Oberfläche befördert, um die darin enthaltene Wärmeenergie nutzbar zu machen. Das abgekühlte Wasser wird anschließend wieder in das Erdreich injiziert.

Herausforderungen und Vorteile

Aussagen über regionale geologische Potenziale können im Vorfeld nur indirekt aus geophysikalischen Daten erschlossen werden. Die konkrete Eignung eines Standorts kann hierbei ausschließlich über bohrtechnische Aufschlüsse sichergestellt werden. Diese verbleibende Unsicherheit vor der Probebohrung wird als Fündigkeitsrisiko bezeichnet und stellt oft ein Hemmnis bei der Finanzierung teurer Erstbohrungen dar. Dieses Fündigkeitsrisiko kann beispielsweise durch eine Bürgschaft des Landes abgesichert werden. Zudem sind detaillierte Überprüfungen der berg-, wasser und umweltschutzrechtlichen Anforderungen erforderlich, beispielsweise hinsichtlich der Einflussnahme auf Wasserschutzgebiete.

Diesen Herausforderungen stehen aber die bereits erwähnten enormen geothermischen Potenziale entgegen. Des Weiteren weist die geothermisch erzeugte Wärme bereits eine relativ hohe Quelltemperatur auf, steht ohne Speicher ganzjährig zur Verfügung und ist unabhängig von Klima- und Wetterbedingungen. Je nach Tiefe der Bohrung und der so geförderten Quelltemperatur ist ein Anheben des Temperaturniveaus mittels Hochtemperatur-Wärmepumpe nötig, um eine Einspeisung in ein Fernwärmenetz zu ermöglichen.

 

Das geothermische Heizkraftwerk Sauerlach bei München gewinnt Strom für rund 16.000 Haushalte und stellt gleichzeitig Wärme bereit (Quelle: SWM).

Praxisbeispiel München

Die Region um München gilt als Hotspot der tiefen Geothermie in Deutschland. Circa 3 Kilometer unter München verläuft eine Kalksteinschicht, die heißes Wasser enthält, ein sogenannter Thermalwasserleiter. Bereits jetzt betreiben die Stadtwerke München fünf Geothermieanlagen in der Region. Bis 2030 wollen die Stadtwerke 1 Mrd. Euro in geothermische Aquiferspeicher investieren. 

Am Münchener Heizkraftwerk Süd soll das größte deutsche Geothermiekraftwerk mit sechs Bohrungen in 2.400 bis 3.200 Meter Tiefe gebaut und Mitte 2025 in Betrieb genommen werden. Bei einer geplanten Leistung von mindestens 50 MW kann das Kraftwerk erneuerbare Fernwärme für etwa 80.000 Personen bereitstellen.

 

Mehr zur tiefen Geothermie findet ihr im entsprechenden Factsheet.

Beitragsbild: SWM. Die Geothermie-Anlage Freiham liefert seit 2016 CO2-neutrale Fernwärme für den Münchener Westen.

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