Am 26. März durften die Berliner*innen abstimmen: Soll Berlin schon bis 2030 klimaneutral werden statt wie bisher geplant bis 2045? Die Mehrheit der Abstimmenden entschied: Ja. Allerdings verfehlte der Volksentscheid das notwendige Quorum von 25% Ja-Stimmen sehr deutlich. Damit wurde der Gesetzesentwurf der Initiative nicht angenommen. Die größte Überraschung dabei: Für einen unabhängig von Wahlen stattfindenden Volksentscheid gab es erstaunlich viele Nein-Stimmen. 49% der Abstimmenden gingen explizit zum Wahllokal, um gegen das vorgeschlagene Gesetz zu stimmen. Kippt also die Stimmung in Sachen Klimaschutz? Und wenn ja, warum? Dieser Frage sind wir gemeinsam mit Mehr Demokratie e.V. bei unserer Veranstaltung „Nach dem Volksentscheid: Wie weiter bei Klimaschutz & direkter Demokratie?“ auf den Grund gegangen. 

Umfrage zeigt: Ein klimaneutrales Berlin bis 2030 wurde als unrealistisch und zu teuer wahrgenommen

Als Diskussionsgrundlage dienten zwei Umfragen, die im Vorfeld der Veranstaltung in Auftrag gegeben wurden. Sie fragten sowohl nach den Gründen für die Nein-Stimmen als auch für das Nicht-Abstimmen, denn 64%, also die deutliche Mehrheit der Berliner*innen, nahm die Gelegenheit zur Abstimmung gar nicht wahr.

Das Positive vorab: Grundsätzlich wünschen sich die Berliner*innen nach wie vor mehr Klimaschutz. Das Bewusstsein für den Handlungsdruck ist da, jedoch kippt die Stimmung dann, wenn es um die Umsetzung von konkreten Maßnahmen geht. Die Berliner*innen machen sich Sorgen um die Kosten der Klimawende. 36% der Befragten gaben an, dass die Umsetzung eines klimaneutralen Berlins zu teuer für die Stadt und ihre Bürger*innen sei.

Zur Entscheidung beigetragen hat auch die Zielzahl des Gesetzesentwurf: Klimaneutralität bis 2030 wäre für das 1,5°-Ziel notwendig und ist theoretisch technisch umsetzbar. Politik und viele Vertreter*innen aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft machten jedoch klar, dass sie starke Zweifel an der Umsetzbarkeit hätten. So sahen es dann auch die Berliner*innen. 59% der Nein-Sagenden hielten die Ziele des Volksentscheids schlicht für unrealistisch.

 

Hätte eine spätere Zielzahl den Ausgang des Volksentscheids also beeinflusst?

Die Umfragen können hier nur mutmaßliche Ergebnisse liefern. Denn ein anderer Gesetzesentwurf hätte auch Auswirkungen auf die Kampagne, Bündnispartner und Aufmerksamkeit bedeutet. Die Zahlen deuten jedoch an, dass ein klimaneutrales Berlin bis 2035 ebenfalls keine Mehrheit erhalten hätte. Bei 2040 sieht das anders aus: Hier hätte die 25%-Hürde erreicht werden können. Michaela Zimmermann von Klimaneustart Berlin macht jedoch in der Diskussionsrunde zur Auswertung klar: Für einen Volksentscheid zur Vorverlegung der Klimaneutralität um fünf Jahre von 2045 auf 2040 hätte sich keine Bürgerinitiative gefunden – der immense Aufwand für das dreistufige Verfahren, das hauptsächlich ehrenamtlich bestritten wurde, hätte sich dafür schlicht nicht gelohnt.

Wie also weiter bei Klimaschutz und direkter Demokratie? Die soziale Frage müsse stärker in den Vordergrund gerückt werden, fand auch Christoph Bautz von Campact. Es brauche mehr Kampagnen, die sich gegen das reichste Prozent der Gesellschaft richten. Bei Klimaneustart Berlin, die mit dem Volksentscheid bereits die dritte direktdemokratische Kampagne durchführten, stößt das auf offene Ohren. Die strategische Ausarbeitung neuer Ideen ist nun der nächste Schritt für die Bürgerinitiative. Dabei orientiert sie sich auch an der Ergebnissen des Berliner Klimabürger:innenrats, der 2021 getagt und deutlich schärfere Klimaschutzmaßnahmen vom Berliner Senat gefordert hatte.

Die komplette Veranstaltung mit Vanessa Vu (Zeit online), Michaela Zimmermann (Klimaneustart Berlin), Christoph Bautz (Campact) und Oliver Wiedmann (Mehr Demokratie) gibt es hier zum nachträglich Ansehen.

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